Die erste Hürde, die man beim Russischlernen meistern muss, ist die kyrillische Schrift. Einige der Zeichen sehen genauso aus und werden so ausgesprochen wie die lateinischen, die wir jeden Tag benutzen, zum Beispiel das e, o und a. Andere wieder sind verwirrend, weil sie an lateinische Buchstaben erinnern, aber anders ausgesprochen werden. Der russische Buchstabe, der aussieht wie ein deutsches P, wird zum Beispiel wie ein R ausgesprochen. Wieder andere haben mit dem lateinischen Alphabet gar nichts zu tun. Dazu gehören zum Beispiel das я (ja) oder das ж (weiches sch).
Woher kommt der Name „kyrillische Schrift“?
Ihren Namen haben die für Westeuropäer fremdartigen Buchstaben von dem Slavenapostel Kyrill. Im 9. Jahrhundert erhielt er gemeinsam mit seinem Bruder Method den Auftrag, das Christentum unter den Slawen zu verbreiten. Die Brüder wurden für diesen Auftrag ausgewählt, da sie aus Thessaloniki im nördlichen Griechenland stammten, wo Slawen lebten. Sie beherrschten daher den dort verbreiteten südslawischen Dialekt.
Eine slawische Schrift
Ein Problem gab es allerdings noch: Die Slawen hatten zu dieser Zeit noch keine Schriftkultur. Um ihre heiligen Schriften zu verbreiten und zu lehren mussten die beiden Brüder also zunächst eine Schrift entwickeln und ihre griechisch-orthodoxen religiösen Texte in das Slawische übersetzen. Die einzelnen slawischen Sprachen unterschieden sich damals noch nicht so stak voneinander wie heute, den südslawischen Dialekt aus Thessaloniki verstanden also alle. So wie die Sprache in den Kirchentexten verwendet wurde, wurde sie dann Altkirchenslawisch genannt.
Um 860 n. Chr. begannen Kyrill und Method dann auf Auftrag des Kaisers Michael III ihre Mission zu den slawischen Chasaren. Auf Wunsch des Fürsten Rastislaw missionierten sie ab 863 auch das Großmährische Reich, eines der ersten Slawenreiche. Rastislaw versprach sich davon wohl eine kulturelle Weiterentwicklung seines Volkes und außerdem bessere Beziehungen zu den orthodoxen Byzantinern.
Die moderne kyrillische Schrift
Die von Kyrill entwickelte Schrift hatte mit der heutigen kyrillischen Schrift, wie sie zum Beispiel von Russen, Ukrainern, Weißrussen, Bulgaren und Serben benutzt wird, nicht viel gemeinsam. Sie wurde glagolitische Schrift genannt, in einigen Klöstern in Bulgarien findet man sie noch in Inschriften. Erst circa einhundert Jahre später wurde in Ostbulgarien die kyrillische Schrift, die wir heute kennen, entwickelt. Sie kommt uns deshalb teilweise bekannt und teilweise verwirrend vor, weil sie sich auf die griechische Schrift gründet, die man als Symbole aus der Mathematik und Physik kennt, und weil auch unsere lateinische Schrift auf die griechische zurückgeht.
Russisch schreiben lernen
Der erste Kommentar, wenn man erzählt, dass man Russisch kann, ist oft: „Das ist aber eine schwierige Sprache, alleine die Schrift ist ja ganz anders als unsere“.
Ja, das ist sie. Aber erinnern Sie sich daran zurück, wie Sie in der ersten Klasse die lateinische Schrift gelernt haben! Genauso wird auch die kyrillische Schrift gelernt, viel mehr Zeichen als in der deutschen Schrift gibt es ja nicht. Außerdem fällt das Schreiben einem Erwachsenen, der ja schon eine Schrift beherrscht, um einiges leichter als einem Kind, das noch gar nicht schreiben kann. Wenn man täglich übt kann man die Buchstaben nach wenigen Tagen flüssig lesen und schreiben. Insofern ist diese erste Hürde viel weniger hoch, als man im ersten Moment denkt!