„Hätte ich reich werden wollen, wäre ich kein Übersetzer geworden“
„Übersetzen kann doch eh jeder, der meint, dass er zwei Sprachen gut genug beherrscht.“
„Übersetzer braucht man sowieso bald nicht mehr, maschinelle Übersetzung ist doch heute schon richtig gut.“
Ja, irgendwie ist es schon richtig, der Übersetzerberuf hat seine Probleme. Die maschinelle Übersetzung wird immer besser. Übersetzer ist kein geschützter Beruf, sodass prinzipiell jeder ihn ausüben kann, auch ohne entsprechende Ausbildung. Dadurch und durch die Globalisierung ist auch die Konkurrenz und das Preisdumping ein Problem.
Aber jammern ist einfach und macht außerdem depressiv. Lasst uns heute am Übersetzertag feiern und uns anschauen, wie wunderbar dieser Beruf ist!
Sprache und Kultur: Ein wunderbares Arbeitsfeld
Völlig egal ob man nun Literatur, medizinische Texte, technische Dokumentationen oder Urkunden übersetzt: man schafft immer eine Verbindung zwischen Kulturen, den Menschen, die diese verkörpern und dem jeweiligen Fachgebiet. Übersetzer oder Sprachmittler bauen Brücken aus Sprache, und das ist sehr befriedigend und sehr wichtig.
Ohne Übersetzer gibt es zwischen Menschen, die nicht dieselbe Sprache sprechen, kaum Kommunikation. Abgesehen davon schafft man als Übersetzer auch Möglichkeiten für seine Kunden bzw. die Nutzer der Übersetzung. Autoren können sich nur durch Übersetzungen fremdsprachliche Märkte erschließen und die meisten Werke kann man nur lesen, weil sie übersetzt wurden (wer beherrscht schon mehr als eine oder zwei Fremdsprachen?) Wenn man zum Beispiel eine Betriebsanleitung übersetzt, können auch Sprecher der Zielsprache mit dem jeweiligen Gerät arbeiten. Oder wenn man Dokumente und Zertifikate übersetzt, können MigrantInnen in ihrer neuen Heimat ankommen, eine Familie gründen und arbeiten. Das alles sind auch extrem verantwortungsvolle Aufgaben!
Die Arbeit mit Sprache und Kulturen hat außerdem immer auch etwas kreatives, spielerisches (außer vielleicht bei wirklich hochtechnischen Texten oder Listen). Mit Sprache spielen und zu überlegen, was funktioniert und wie welcher Ausdruck auf den Leser wirkt, ist für viele Übersetzer genau das, was den Reiz an dem Beruf ausmacht.
In Sprache und Kultur gibt es immer neue Dinge zu entdecken. Es sind sehr breite und große Arbeitsfelder, die sich außerdem schnell verändern. Worte können dank des Internets und der Migration extrem schnell um die Welt wandern und in andere Sprachen Eingang finden. Für Sprachmittler gilt deshalb definitiv, dass man nie auslernt.
Übersetzer und die Reiselust
Ich bin überzeugt, dass es kaum eine Berufsgruppe gibt, die so reiselustig ist wie Sprachmittler. Durch Auslandsreisen halten wir uns auf dem neuesten Stand und erweitern unsere Skills. Wenn man gerne unterwegs und noch dazu ein offener und kommunikativer Mensch ist, ist das also schon einmal eine gute Grundvoraussetzung, um Übersetzer zu werden. Und mal ganz ehrlich: wobei erlebt man so viel und gewinnt so viele Freunde, wie auf Reisen? Als Freiberufler heutzutage braucht man außerdem eigentlich nur einen Laptop mit Internetzugang, damit kann man überall arbeiten: Die Welt steht uns also offen.
Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Ein weiterer Vorteil, wenn man Freiberufler ist: die Arbeitszeiten sind grundsätzlich flexibel und man kann auch über seinen Workload und Urlaub selbst bestimmen. Vormittags, wenn die Kinder im Kindergarten oder der Schule sind oder spätabends, wenn die Kinder schon schlafen: Solange die Deadline eingehalten wird und die Qualität stimmt ist es eigentlich egal, wann die Übersetzung gemacht wird.
Was Übersetzer doch unverzichtbar macht
Wir vertrauen Maschinen ja viel an. Lasten transportieren, Daten verschicken und schützen, sogar Körperfunktionen regulieren oder uns beatmen. Das alles tun Maschinen auch mit extrem großem Erfolg, wenn auch normalerweise durch Menschen überwacht.
Aber möchten Sie ein Buch lesen, dass eine Maschine übersetzt hat? Oder noch besser: Wenn Sie ein Autor sind, möchten Sie eine Maschine Ihr Buch übersetzen lassen?
Was Maschinen im Gegensatz zu menschlichen Übersetzern (noch) nicht können, ist denken und fühlen. Und genau das macht uns unverzichtbar, gerade in der Literatur. Natürlich besteht die Möglichkeit, dass der technische Fortschritt irgendwann soweit geht, dass Maschinen denken und empfinden können, wie Menschen. Es ist aber fraglich, ob und wann es soweit einmal kommt. Und solange haben Maschinen eben nur Algorithmen, mit denen sie arbeiten können. Solange werden maschinelle Übersetzungen auch meist von menschlichen Übersetzern korrigiert und Behörden akzeptieren nur von menschlichen Übersetzern erstellte, bestätigte Übersetzungen. Für all das wird man auf absehbare Zeit noch ausgebildete Übersetzer brauchen. Und deshalb feiere ich heute eine Zukunft für den Übersetzerberuf, in der man zwar anpassungsfähig sein und sich auf einem umkämpften Markt durchsetzen muss, aber in jedem Fall gebraucht wird.